Die Fachstelle für Distanzierungsarbeit

Was ist Distanzierungsarbeit?

Distanzierungs­arbeit will Personen darin unterstützen, sich von menschen­verachtenden, demokratie­feindlichen und rechts­extremen Haltungen abzuwenden – sich also hiervon zu distanzieren. Gerade junge Menschen, die an Schulen oder in Jugend­einrichtungen mit entsprechenden Äußerungen in Erscheinung treten, sollten möglichst früh angesprochen werden. Denn oftmals befinden sich Heran­wachsende mit dergleichen Haltungen und Affekten noch in einer Orientierungs- und Erprobungs­phase. Durch Einzelgespräche und/oder intensiv­pädagogische Gruppen­trainings sowie Umfeld­beratungen mit Angehörigen oder Pädagog*innen, die in direkter Beziehung zu den Jugendlichen stehen, lässt sich möglicherweise eine weitere Radikalisierung verhindern – und es kann eine demokratische Persönlichkeits­entwicklung angestoßen werden. Denn im Gegensatz zur Ausstiegs­arbeit setzt (aufsuchende) Distanzierungs­arbeit an, bevor junge Menschen nichts anderes als rechtsextreme Denkmuster mehr an sich heranlassen.
Entsprechend der gängigen Einteilung von Prävention – primär bzw. universell / sekundär bzw. anlassbezogen / tertiär bzw. indiziert – ist die aufsuchende Distanzierungs­arbeit der sekundären Prävention zuzuordnen. In der von cultures interactive konzipierten zweipoligen Einteilung von demokratiepädagogischen Maßnahmen wird Distanzierungsarbeit dem „Bereich anlassbezogener Interventionen“ – gegenüber dem „Bereich Bildung/Erziehung“ – zugeordnet.

An wen sich Distanzierungsarbeit richtet

Distanzierungs­arbeit im Rahmen von Rechtsextremismus­prävention richtet sich in erster Linie an rechtsextrem gefährdete oder involvierte Jugendliche und Kinder. In anderen Bereichen, wie zum Beispiel im religiös begründeten Extremismus, werden in analoger Weise die dort involvierten jungen Menschen angesprochen. Denn die Radikalisierungs­prozesse von Heran­wachsenden beginnen immer früher. Auf emotionaler Ebene zeigt sich bei rechtsextrem gefährdeten Jugendlichen zumeist eine Neigung zu Affekt­handeln und zum Ausagieren von Impulsen von Hass und Gewalt. Auf kognitiver Ebene besteht dagegen häufig eine hohe Empfäng­lichkeit für Ideologien der Ungleich­wertigkeit und für Verschwörungs­erzählungen. Die Beziehungsgefüge der Person weisen oft große Anteile von Abhängigkeit und Übergriffigkeit auf. Auch Kinder und Jugendliche, die in extremistischen Familien­kontexten aufwachsen, können Adressat*innen für pädagogische Angebote der Distanzierungsarbeit werden. Des Weiteren sehen sich pädagogische Fachkräfte vielfach mit Heranwachsenden konfrontiert, die menschen­verachtende und demokratie­feindliche Äußerungen als normal empfinden, da diese in ihrem sozialen Umfeld weithin geteilt werden. Auch diese jungen Menschen sollten von Angeboten der Distanzierungs­arbeit erreicht werden, um ihnen unvorein­genommene, menschen­rechtliche und selbstbestimmte Lebens­perspektiven zu vermitteln.

Des Weiteren werden Multiplikator*innen und pädagogische Fachkräfte von der Distanzierungs­arbeit adressiert. Denn diese nehmen demokratie­feindliche und menschen­verachtende Haltungen von Heranwachsenden in Schule oder Jugend(hilfe)­einrichtungen oft am frühesten wahr. Es gilt, sie darin zu unterstützen, Phänomene und Problemlagen gut einzuschätzen, Formen von angemessener Erstreaktion einzusetzen und einen nachhaltigen pädagogischen Umgang zu gestalten.

Das macht die Fachstelle Distanzierungsarbeit

Die Fachstelle Distanzierungs­arbeit bietet Aufklärung, Beratung und Begleitung für pädagogische Maßnahmen zur Unterstützung von Prozessen der Distanzierung und demokratischen Persönlichkeits­entwicklung. Fortbildungen für Fachkräfte und Multiplikator*innen werden ergänzt durch Angebote der direkten Arbeit mit Jugendlichen. Alle Angebote der Fachstelle finden Sie auf dieser Seite. Zur Bündelung der Expertise und für den Transfer in die Fachpraxis werden Fach­veranstaltungen, themen­bezogene Arbeitsgruppen, Fortbildungen, Tagungen und Workshops durchgeführt. Bundesweite und europäische Projekte sichern seit 2012 die methodische Weiterentwicklung und das Qualitäts­management. Regelmäßig erscheinen Publikationen zur Weiter­entwicklung des Fachd­iskurses sowie Materialien und Arbeitshilfen für die Praxis in deutscher und englischer Sprache.

Die Fachstelle Distanzierungsarbeit ist mit der Fachstelle Rechtsextremismus­prävention (fa:rp) verknüpft, die als Teil des bundesweiten Kompetenznetzwerks Rechtsextremismus­prävention (KompRex) arbeitet. Beide bilden mit der Fachstelle für Prävention und Bildungsarbeit im Themenbereich Verschwörungserzählungen (fa:ve) und der Beratungsstelle veritas in Sachsen-Anhalt sowie der aufsuchenden Jugend(umfeld)Beratung (AJUB) und den entsprechenden EU-weiten Projekten einen Gesamtzusammenhang der phänomen­übergreifenden Sekundär­prävention bei cultures interactive e.V.